Der juengste Tag - AD Theater-AG

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Vergangene Spielzeiten > Spielzeit 2012 / 2013
Der jüngste Tag
Ödön von Horváth

„Ich war immer ein pflichttreuer Beamter“
 
Der pflichtbewusste Bahnhofsvorsteher Thomas Hudetz, verheiratet mit einer wesentlich älteren, eifersüchtigen Frau, wird von der jungen Gastwirtstochter Anna geküsst, in aller Öffentlichkeit. Über diesen Vorfall verpasst er, ein Signal zu setzen. Die Folgen sind schwerwiegend: Zwei Züge stoßen zusammen, es gibt Tote.
   In der gerichtlichen Untersuchung des Vorfalls schwört Anna, Hudetz habe das Signal gesetzt. Frau Hudetz kann dies nicht widerlegen, ihre Außenseiterposition in der Dorfgemeinschaft helfen der Wahrheitsfindung nicht. Hudetz geht als Sieger aus dem Verfahren hervor, Anna jedoch leidet zunehmend unter ihrer Falschaussage. Sie bittet Hudetz um ein klärendes Gespräch. Das Treffen findet statt, zu nächtlicher Stunde, unweit der ersten Unglücksstelle. Die Aussprache eskaliert, es gibt ein weiteres Todesopfer.
 
Ödön von Horváth untersucht den Zusammenhang von Unschuld und Versuchung, von Notlüge und Verantwortung vor dem Hintergrund einer sensationsgierigen Dorfgemeinschaft. Welche Mitschuld tragen die schwatzhaften Weiber, die jeden gleich schnell entweder anschwärzen oder über jeden Verdacht erhaben machen? Können die neutralen Beobachter von Außen - die Zugereisten oder die Vertreter der Justiz - die eingefahrenen Mechanismen durchschauen?
Der Bahnhofsvorsteher Hudetz wird durch den vermeintlich unbedarften Kuss zum tragischen Helden. Eigentlich will er seine Frau nicht dem Gespött der Leute aussetzen, anderseits sucht sie den Konflikt. Der provokative Kuss der Wirtshaustochter löst eine Kette von Ereignissen aus, der sich Hudetz nicht entgegenstemmen kann.
 
Auch wenn das Stück in den späten 20er bzw. frühen 30er Jahre des 20. Jahrhunderts angesiedelt ist, so sind die zwischenmenschlichen Probleme, die im „Jüngsten Tag“ zu klären sind, immer noch aktuell. Das Publikum darf gespannt sein auf ein Stück, das mit ganz realen Szenen beginnt und im Zwischenreich zwischen Leben und Tod sein Finale findet.

Thomas Hudetz, Stationsvorstand
Frau Hudetz, Stationsvorstand
Alfons, ihr Bruder, Drogeriebesitzer
Valentin D.
Celina P.
Jannik S.
Der Wirt zumWilden Mann
Anna, seine Tochter
Ferdinand Bichler, deren Bräutigam, ein Fleischhauer
Hans K.
Anna Meral B.
Kourosh F.
Leni, Zahlkellnerin beim „Wilden Mann“
Marianne, Kellnerin beim „Wilden Mann“
Anna R.
Romy R.
Frau Leimgruber, Nachbarin
Frau Havlitschek, Nachbarin
Frau Hierlinger, Nachbarin
Neele B.
Sarah L.
Lea N.
Ein Waldarbeiter
Ein Vertreter
Ein Gast
Maximilian M.
Clemens S.
Kay D.
Ein Gendarm
Ein zweiter Gendarm
Lucy I.
Steffen E.
Kohut, ein Heizer
Pokorny, ein seliger Lokomotivführer
Kreitmeyer, ein Streckengeher
Carlo C.
Katja S.
Daniela F.
Ein Staatsanwalt
Ein Kommissar
Ein Kriminaler
Jamin P.
Johannes W.
Christin H.
Backstage
Technik
Aman B. a.G.
Eine Produktion des
Literaturkurs Q2/13
Kursleitung
Thomas Mehl

Ödön von Horváth

Edmund (ungarisch: Ödön) Josef von Horvath wird am 09.12.1901 in Fiume (damals zu Ungarn gehörend, heute Rijeka, Kroatien) geboren. Sein Vater ist ein österreichisch-ungarisch Diplomat, so kommt es zu mehreren Umzügen wäh-rend seiner Kindheit und Schulzeit (Belgrad, Budapest, München, Pressburg, erneut Budapest, Wien). Die deutsche Sprache erlernt er ab 1913, seine Matura legt er 1919 in Wien ab. Anschließend beginnt er ein Studium in München und besucht Veranstaltungen in Psychologie, Literatur-, Theater- und Kunstwissenschaft.
   Erste schriftstellerische Arbeiten entstehen ab 1920 im Bereich der Prosa und der Dramatik. Mit den Stücken Italienische Nacht
und Geschichten aus dem Wiener Wald gelingt ihm 1931 der literarische Durchbruch. Er erhält den Kleist-Preis. Zu dieser Zeit lebt er abwechselnd in Berlin, Salzburg und Murnau, wo seine Eltern ein Haus besitzen.
   Mit dem aufkommenden Faschismus setzt er sich kritisch auseinander, bereits früh warnt er eindringlich vor den Nationalsozialisten und führt sie in seinen Stücken geradezu vor. Die Gegenreaktion lässt nicht lange auf sich warten, das elterliche Haus wird nach Hitlers Machtergreifung 1933 von der SA durchsucht.
   Horváth verlässt Deutschland und lebt in Wien und Henndorf bei Salzburg. Wirtschaftlich schlecht aufgestellt, versucht er Mitglied des Reichsverbands deutscher Schriftsteller zu werden. Dies ändert nichts an der Situation, dass seine Stücke in Deutschland nicht mehr aufgeführt werden, sein Roman Jugend ohne Gott wird erst über den Umweg Amsterdam 1937 zum Erfolg, in Deutsch-land aber prompt 1938 in die Liste der schädlichen und unerwünschten Schriften aufgenommen. Der jüngste Tag wird 1937 uraufgeführt.
   Bedingt durch den Anschluss Österreichs im März 1938 emigriert Horvath über Budapest und Fiume nach Paris. Dort wird er am 01.06.1938 bei einem Gewitter auf dem Champs-Élysées von einem herabfallendem Ast erschlagen. Begraben wird er auf einem Pariser Friedhof, bevor man seine sterblichen Überreste 1988 nach Wien umbettet.
   Im Zentrum des Werks stehen vorwiegend sozialpolitische Fragestellungen. In seinen volksstückhaften Dramen stehen die Kleinbürger im Mittelpunkt, der Kampf ums Überleben in einer verhärteten Gesellschaft, der Aufstieg des Fa-schismus und die Rolle der Frau in einer männlich dominierten Welt. Horvath gibt seinem Bühnenpersonal eine eigene Sprache – es wird mitunter viel geredet, auch dialektal gefärbt, aber wenig wirklich kommuniziert. Der Mensch hadert mit seinen Mitmenschen und mit seinem Schicksal. Schuld und Sühne sowie die Frage nach der Verantwortung werden in späten Texten zunehmend wichtig.

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